Antrag 20/I/2018 Kommunale Wohnungspolitik für Potsdam

AntragstellerInnen:

Siegfried de Witt, Margret de Witt, Florian Engels, Klara Geywitz, Pete Heuer, Gerd Michelsen, Mike Schubert, Manja Schüle, Sarah Zalfen

Der Unterbezirksparteitag möge beschließen:

Kommunale Wohnungspolitik für Potsdam

Der Unterbezirksvorstand beruft eine Arbeitsgruppe zum Thema Wachstum und Wohnen in Potsdam ein. Ziel ist die Erarbeitung politischer Handlungsempfehlungen für die Potsdamer-Vertreter in den Fraktionen von Stadt, Land und Bund auf dem Gebiet der Wohnungspolitik. Das unten stehende Papier dient der Arbeitsgruppe als Diskussionsgrundlage. Dem folgenden Unterbezirksparteitag ist eine Beschlussvorlage zu unterbereiten.

 

Kommunale Wohnungspolitik für Potsdam

Die Potsdamer Bevölkerungszahl wird weiter steigen, weil insbesondere Wohnungssuchende aus Berlin ins Umland drängen und Potsdam attraktiv ist. Die steigende Nachfrage lässt sich nicht unterbinden. Aber sie lässt Bodenpreise und Mieten in dem Maße steigen, wie das Angebot verknappt. Ein verlässliches Instrument der Preisspirale entgegenzuwirken ist der Bau von Wohnungen. Das allein genügt aber nicht. Wir nehmen unsere besondere kommunalpolitische Verantwortung wahr, das Wachstum zu steuern, um das soziale Gleichgewicht in der Stadt nicht zu verlieren. In den zurückliegenden Jahren hat Potsdam sein Stadtbild in der Mitte Stück für Stück wiedergewonnen und tut es weiter. In den nächsten Jahren steht eine verdichtete Bebauung und die Entwicklung von Krampnitz im Zusammenspiel mit der verkehrlichen Entwicklung im Vordergrund, um ausreichend bezahlbare Wohnungen für mittlere und niedere Einkommen, für  Familien mit Kindern, Rentner und Studierende zu schaffen. Die Stadt hat nur noch wenige eigene Bauflächen. Die Wohnungspolitik muss deshalb auch in der Zusammenarbeit mit den Nachbarkreisen entwickelt werden.

1. Grundsätze und Ziele für die Wohnungspolitik

Wohnungspolitik hat zum Ziel, ein für alle Einkommen erschwingliches, preisgünstiges Wohnen in der Stadt zu sichern. Das Thema Wohnen muss neben der Konzentration auf den Bau neuer Wohnungen sowie die Sanierung des Bestandes und die Mietpreise den Fokus auf ausreichend soziale, kulturelle, technische und wirtschaftliche Infrastruktur richten. Das erfordert stets die gleichzeitige Integration von

  • Kitas, Schulen, Jugendtreffs, ärztlicher Versorgung
  • Räumen für Kommunikation, Kultur und Veranstaltungen, Cafés, Gastronomie und öffentlichen Erholungsflächen
  • Erschließung und Verknüpfung mit dem ÖPNV, möglichst schienengebunden
  • Geschäften, Einkaufsmöglichkeiten
  • einer guten Durchmischung von Wohnen und Gewerbe

Wohnungsbau und Infrastruktur müssen Hand in Hand gehen. Dies gilt nicht nur für größere Neubaugebiete, sondern auch für verdichtete Wohnbebauung in zentraleren Lagen.

Die entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Wohnungspolitik ist ausreichendes öffentliches Eigentum der Kommune bzw. ihrer Gesellschaften an Wohnbauflächen und Grundstücken. Der Wohnungsbau muss in großem Umfang durch die eigene städtische Gesellschaft und Genossenschaften erfolgen, die nach wohnungspolitischen Zielsetzungen der Stadt arbeitet. Zugleich ist die Bereitstellung von Flächen für den ÖPNV, Kitas, Schulen, Spielplätze, Sportanlagen usw. vorzusehen.

Die Stadt muss als Satzungsgeberin neben der Verwendung von Gewinnen aus der Bodenwertsteigerung zur Finanzierung von Infrastrukturfolgekosten Vorgaben machen, in welchem Maß preisgünstiger Wohnraum mit begrenzten Mieten, Flächen für besonderen Wohnraumbedarf, insbesondere für Familien mit Kindern usw. durch private Bauherren zu errichten sind.

Bei der Vergabe von städtischen Grundstücken darf nicht länger das Höchstgebot maßgeblich sein. Deshalb sind Konzeptvergaben notwendig, die sozialpolitische und städtebauliche Ziele vorgeben.

Der Erbbaurechtsvertrag eröffnet die Gestaltungsmöglichkeit, wohnungspolitische Ziele weitgehend unabhängig von der Finanzkraft des Wohnungssuchenden zu realisieren. Er soll Vorrang vor dem Verkauf städtischer Grundstücke haben.

Bei der Überplanung von Grundstücken im Privateigentum  ist  ein  kommunaler Zwischenerwerb durchzusetzen. Den Grundstückseigentümern kann ein finanzieller Anteil an der Wertschöpfung verbleiben, um die Kooperationsbereitschaft zum Verkauf zu fördern. Solche Verträge müssen vor der Aufstellung entsprechender Bauleitpläne abgeschlossen werden, das gilt insbesondere auch bei der Fortschreibung des Flächennutzungsplans und dessen weitreichenden Folgen.

Im Innenbereich soll die Möglichkeit der Verdichtung durch Überbauung von Parkplätzen/Garagen und Einzelhandelsgeschäften entwickelt werden. Dazu fördert die Stadt die  Kooperation zwischen Gewerbebetreibenden, Anwohnern und Eigentümern.

Um  diese Ziele zu erreichen, sind weitere Maßnahmen erforderlich.

Die Wohnungspolitik soll dazu beitragen, die notwendige Durchmischung unterschiedlicher Einkommensgruppen wie z.B. Familien mit Kindern, Alten, Studierende,… durch Festsetzungen im Bebauungsplan zu steuern. Grundsätzlich muss verhindert werden, dass vorhandene Bebauung ersetzt wird durch Bauformen, die ausschließlich von Menschen mit hohem bzw. auch niedrigem Einkommen genutzt werden. Es sind alle Maßnahmen zu vermeiden, die einen weiteren Anstieg von Grundstückspreisen begünstigen, insbesondere die Verknappung von Bauland.

Die Mietpreisbremse ist im Zusammenwirken mit dem Land zu schärfen. Neben ihrer positiven Auswirkung auf Neubauvorhaben, muss die Begrenzung der Mietsteigerungen im Wohnungsbestand durch den Bund verschärft werden, um die gewünschten Effekte tatsächlich zu erreichen.

Baugenehmigungsverfahren sind zu optimieren. Dem Beispiel anderer Städte wie Münster kann gefolgt werden, Bebauungspläne und wichtige Baugenehmigungen einer externen Qualitätskontrolle zu unterziehen.

Vom Land ist der Aufbau von Bodenfonds zu fordern sowie von Fonds für den sozialen Wohnungsbau. Landes- und bundeseigene Grundstücke sollen an die Kommune nicht nach dem Höchstpreisgebot sondern unter Beachtung der Folgenutzung übertragen werden.

Der Bund muss das gemeindliche Vorkaufsrecht verbessern und weitere Voraussetzungen der Anwendung schaffen, ein. preislimitiertes Vorkaufsrecht auszuüben.

Die Kriterien des § 34 BauGB sind zu erweitern (Anteil sozialgebundener Wohnungen, Infrastruktur, Kosten). Die Innenentwicklungsmaßnahme ist möglichst bald einzuführen. Die Forderungen des Deutschen Städtetags werden unterstützt.

2. Die Situation in Potsdam

Das Bündnis für Wohnen ist gegründet. Die Baulandrichtlinie gestattet die Verwendung von 2/3 der Bodenwertsteigerungen für Kita- und Grundschulplätze sowie Sozialwohnungen.

Die Förderkulisse ist auf große Teile des Stadtgebietes ausgeweitet. Die Wohnungsbauförderung als Voraussetzung für die Errichtung von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum wird in Anspruch genommen.

Der Flächennutzungsplan stellt Bauflächen dar, die dem Bevölkerungswachstum bis ca. 2030 entsprechen (ca. 16.000 Wohnungen, davon 80% Geschosswohnungsbau, 10% Sonderformen, 8% Einfamilienhäuser). Es ist wenig städtisches Bauland vorhanden. Für Liegenschaftsankäufe in sind 1 Mio. € im Doppelhaushalt 2018/2019 eingeplant.

Konzeptvergaben sind eher selten (Potsdamer Mitte, Bornstedter Feld).

Die Pro Potsdam hat ca. 20 % des Wohnungsbestandes, die Genossenschaften ebenfalls 20%. Die Pro Potsdam baut ca. 400 Wohnungen im Jahr, so dass der Anteil gehalten werden kann. Die Wohnungsbaugenossenschaften bauen weniger.

Insgesamt besteht in Potsdam eine gute und stabile Einkommenssituation, die allerdings sozialräumlich sehr unterschiedlich verteilt ist.

Ein Wohnungspolitisches Konzept besteht seit 2015, der Wohnungsmarktbericht 2016 liegt vor. Ein Mietspiegel ist vorhanden.

Die aktuelle Bevölkerungsprognose geht von 200.000 und mehr Menschen aus, die 2035 in Potsdam leben.

Vorhanden sind ca. 90.000 Wohnungen bei knapp gegenwärtig ca. 180.000 Einwohnern.

Ca. 1.700 Haushalte (davon 1.000 Rentner) beziehen Wohngeld.

Es besteht eine starke Wanderung in der Stadt, 12.000 Zuzüge, 10.000 Wegzüge in 2016. 12.000 innerstädtische Umzüge. Die Durchschnittsmiete beträgt 7,50 € im Bestand, bei Neuvermietung für Neubau 10,00 €. Pro Potsdam/Genossenschaften im Bestand 6,50 €.

Es sind ca. 4.000 Wohnungsberechtigungsscheine ausgegeben, 75% für Zwei-Raumwohnungen, 3.000 mit Dringlichkeit.

 

3.Die nächsten Schritte

Das Gespräch mit den Bürgern ist über die formellen Verfahren hinaus zu verbessern. Bürger sollen ihre Vorstellungen frühzeitig in die Planung einbringen. Demokratisch getroffene ‚Entscheidungen sind zügig umzusetzen.

Die Stadt hat zu wenig Bauflächen im Eigentum. Die Sanierungsgebiete in der Innenstadt und im Entwicklungsgebiet „Bornstedter Feld“ sind im Wesentlichen abgeschlossen, Krampnitz ist begonnen. Schon jetzt soll die Stadt weitere Potenzialflächen identifizieren, ggf. erwerben bzw. sichern und den Flächennutzungsplan überarbeiten.

Lücken in der Bebauung sind zu schließen. Ein Register  der Potenzialflächen ist zu erstellen und fortzuschreiben.

Flächen mit Garagenanlagen und Kleingärten sind konfliktbeladen und zum Teil politisch umkämpft. Während es Freizeit- und Kleingartenanlagen zu bewahren gilt, sollen Garagenstandorte hinsichtlich ihrer Überbaubarkeit geprüft werden, ohne dass Stellplätze verloren gehen.

Die Ursachen für die starke Wanderung sind zu untersuchen. Da faktisch Vollvermietung besteht und kein Wohnungsleerstand, steigen die Mieten insbesondere bei Neuvermietungen in Folge von Wanderungen. Anreize für Rentner zum Wohnungswechsel in kleinere Wohnungen mit günstigen Mieten sollen geschaffen werden.

Die Mietpreisbremse reduziert einerseits die Einnahmen aus der Bestandsvermietung, bietet andererseits genügend Anreiz im privaten Wohnungsneubau. Der pro potsdam entgehen jedoch Investitionsmittel für Wohnungsbau und Sanierung. Geplante Ausschüttungen an den städtischen Haushalt sollten daher im Verhältnis zur Aufgabe des Wohnungsneubaus auf den Prüfstand. Der Bundesgesetzgeber soll die Mietpreisbremse nachschärfen: keine Mietanhebung über die Vergleichsmiete.

Beschluss

Annahme

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Änderungsanträge

  • Ä06 zum Antrag 20/I/2018

    AntragstellerInnen:

    SPD-OV Potsdam-Mitte/Nord

    Der Unterbezirksparteitag möge beschließen:

    Seite 22, Zeile 47, Ergänzen

    Dies gilt nicht nur für größere Neubaugebiete, sondern auch für verdichtete Wohnbebauung in zentraleren Lagen.

    Begründung:

    Verschiedentlich wird bei der Frage notwendiger Infrastruktur in erster Linie an große Wohnungsbauvorhaben gedacht. Die kumulierte Verdichtung in der Wohnbebauung in zentraleren Lagen schafft jedoch ebenso einen Bedarf, im Bestand infrastrukturelle Verbesserungen vorzunehmen, um beispielsweise nicht kommerzielle Treffpunkte für Bürgerinnen und Bürger zu schaffen.